21.07.2018

Darf ich ein Gespräch heimlich aufnehmen?

Hamburger Abendblatt 21./22.7.2018

Die Leserfrage: Ich hatte letzte Woche ein sehr unangenehmes Gespräch mit meinem Vorgesetzten und dem Personalleiter. Da ich Angst hatte, dass die beiden anschließend  den Gesprächsverlauf falsch wiedergeben, habe ich das Gespräch heimlich mit meinem Smartphone aufgenommen, um für mich ein Beweis zu haben. Mein Kollege behauptet, das ist nicht erlaubt. Hat er Recht?   
Das sagt Rechtsanwältin Silke Grage: Antwort hierauf geben Artikel 1 und 2 Grundgesetz, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Menschen schützen. Dazu gehört auch das Recht auf die Wahrung der Unbefangenheit des gesprochenen Wortes. Dieses Grundrecht hat nicht nur Ihr Arbeitgeber zu beachten, sondern auch Sie gegenüber Ihren Kollegen und Vorgesetzten. Ihr Mitschnitt des Personalgesprächs war daher rechtswidrig und erfüllt auch den Straftatbestand des Paragraf 201 Strafgesetzbuch (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes). Sie sollten diesen daher umgehend löschen.

Durch Ihr Verhalten haben Sie Ihrem Arbeitgeber einen Grund für die Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses gegeben. Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Hessen (Urteil vom 23.8.2017, 6 Sa 137/17) verletzt ein Arbeitnehmer mit dem Mitschneiden eines Personalgesprächs seine ihm nach Paragraf 241 Bürgerliches Gesetzbuch obliegende Pflicht, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen.  Durch sein Handeln habe der gekündigte Arbeitnehmer massiv in das Persönlichkeitsrecht eingegriffen, und den Gesprächsbeteiligten die Möglichkeit genommen, selbst zu entscheiden, ob das gesprochene Wort aufgenommen werden soll sowie ob und von wem die aufgenommene Stimme ggf. wieder abgespielt werden darf.

Der Arbeitnehmer hat in dem Gerichtsverfahren versucht, sich damit zu entlasten, dass er sich im Nachhinein bei seinem Anwalt erkundigt habe, ob er das Personalgespräch mitschneiden durfte. Dort erfuhr er von der Unzulässigkeit und löschte auf dessen Rat die Aufnahme und entschuldigte sich. Diesen Einwand ließen die Richter aber nicht gelten und verwiesen darauf, dass sich der Arbeitnehmer im Vorfeld hätte nach der Rechtmäßigkeit erkundigen müssen.

 

 
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